“Mit seinem Roman Der erste Mensch war Camus in seinem seit so langer Zeit geplanten dritten Stadium seines Werkes angekommen, dem Stadium der Liebe. Hätte er es auch noch wie geplant zu Ende gebracht, wäre er nicht am 4. Januar 1960 auf einer regennassen Landstraße sp jäh aus dem Leben gerissen worden? … Doch bricht auch für uns, die wir versucht haben, den Denkweg von Camus noch einmal abzuschreiten, diese Weg auf der regennassen Straße der Route Natinal 5 unvermittelt ab.”
Wenn wir diese Sätze lesen, sind wir auf Seite 401 des Buches von Anne-Kathrin Reif angekommen.
Ursprünglich als Doktorarbeit geschrieben gewährt uns dieses Buch einen Einblick in das Werk von Camus auf der Suche nach der Liebe.
Jeder hat seinen Camus.
Als Catherine Camus, seine Tochter, ein Buch herausgab, war es geprägt durch die Beziehung von der Tochter zum Vater.
Hier ist das Werk Gegenstand philosophischer und literarischer Betrachtungen. Anne-Kathrin Reif weist schon früh darauf hin, daß sich Camus nicht als Philosoph verstand, sondern einfach die Frage beantworten wollte, wie man leben kann.
Dazu beschreibt er zunächst den Zustand des Menschen in der Welt.
Es ist die Absurdität.
Anhand des Werkes entwickelt Frau Reif dann den Weg bis zur Liebe, der nach meinem Eindruck über Schlüsselwörter erfolgt, die geklärt werden und wie an einer Kreuzung dann den Weg weisen, um gedanklich weiter zu kommen.
Wie eine Perlenkette führen sie im Ergebnis zur Liebe.
Begriff, Gefühl, Leib, Leidenschaft, Erotik und dann später der Weg von der Absurdität der Existenz über die Revolte – alles finden wir in diesem Buch wieder und es führt uns zu der Antwort, die uns Camus mit auf unseren Weg gibt: “Deshalb verwirklicht der Mensch sich nur in der Liebe, weil sie ihm blitzartig das Bild seiner zukunftslosen Lage vor Augen führt.”
Anne-Kathrin Reif drückt dies so aus: “So bleiben auch im Blick auf das Verhältnis des Einzelnen zur Welt im Ganzen Eros und Ethos untrennbar miteinander verbunden. Denn es braucht nicht nur die von der Welt dargebrachten Liebesmöglichkeiten, es braucht auch den eigenen, zur Lebenshaltung verinnerlichten Entschluss, über immer wieder neu auszuhaltende Trennung, Entzug, Enttäuschung hinweg sich selbst liebend für neue Vereinigungsmöglichkeiten offen zu halten.”
Es ist ein wohl einzigartiges Buch, das das Werk mit der Frage nach der Liebe untersucht.
Ich meine, man merkt der Autorin die Liebe zum Leben und zu Camus irgendwie an. Und das hat dem Buch und dem ganzen Projekt offenbar gut getan.
Man hält eines der wenigen Bücher in Händen, bei der die Schrift auch so groß ist, daß man ohne Probleme lesen kann. Und man erhält ein Buch, das uns philosophisch bei der Absurdität abholt und uns zur Liebe bringt, wenn wir die bisher im Werk von Albert Camus noch nicht gesehen oder gefunden haben.
Wer Albert Camus noch nicht kennt, sollte mit diesem Buch nicht anfangen. Er oder sie sollte zunächst Albert Camus selbst lesen.
Wer Camus kennt, der kann durch dieses Buch seinen Horiziont erweitern.
Und wer nach dem Genuss dieses Buches noch Zeit für die Liebe hat, der hat alles richtig gemacht.
Sehr zu empfehlen – ebenso wie der Blog der Autorin!
Anne-Kathrin Reif
Albert Camus – Vom Absurden zur Liebe
ISBN 978-3-9816109-0-1