“Da, wo Arbeitskraft vorhanden, sind Almosen nur ein Verführungsmittel zum Müßiggang, das entwürdigt«, sagt Rabbiner Ludwig Philippson. Er war eine bedeutende Persönlichkeit im deutschen Judentum des 19. Jahrhunderts. Geboren am 28. Dezember 1811 in Dessau, spielte er eine zentrale Rolle in der Entwicklung des Reform-judentums und war ein einflussreicher Schriftsteller und Gelehrter. Philippson studierte an der Universität Leipzig, wo er sich intensiv mit theologischen und philosophischen Themen beschäftigte. Sein Interesse galt insbesondere der Integration jüdischer Traditionen in die moderne Welt. 1832 wurde er als Rabbiner in Magdeburg ordiniert und begann dort seine Arbeit, die ihn bald zu einer führenden Figur im deutschen Judentum machte.
Sein Zitat macht deutlich, dass es im Judentum abgelehnt wird, Menschen, die physisch in der Lage sind zu arbeiten, mit finanzieller Unterstützung in Abhängigkeit zu halten. Zum einen, weil diese Unterstützung sie als Individuen entwerten würde, und zum anderen, weil man ihnen mit dem Vergeben von Almosen absprechen würde, vollumfänglich Herr ihres eigenen Lebens sein zu können.
Damit will ich auf keinen Fall sagen, dass der Sozialstaat abgeschafft werden sollte, der Menschen in prekären und schwierigen Situationen unterstützt, sondern dass es darüber hinaus Menschen mit viel Einfluss braucht, die Menschen mit weniger Einfluss Einfluss verschaffen.
Wenn also die österreichische BASF-Erbin und Aktivistin Marlene Engelhorn seit Jahren durch deutsche Talkshows tingelt, um sich über ihr Multi-Millionen-Erbe zu beschweren, anstatt mit diesem Multi-Millionen-Erbe in der gesamten Republik Privatschulen für Kinder aus prekären Verhältnissen zu eröffnen, um diesen Kindern eine Chance zu geben, es später mit den Salem-Kids aufzunehmen, dann wird das tiefsitzende Problem in diesem Land mehr als sichtbar.”
Das liest man auf Seite 66 des Buches von Mirna Funk. Und so löst Sie alle Probleme des Lebens mit Rückgriff auf das Judentum. Das Buch ist aber eher ihre eigene Reflexion zu diesem Thema, weil sie dorthin konvertiert ist und alles, was sie entdeckt hat, nun in das eigene Leben privat und sozial integriert und reflektiert.
Auch mit dem Sex ist es im Judentum viel einfacher.
“Im Judentum ist Sex zu haben ein Recht der Frau, nicht des Mannes. Das bedeutet, dass ich als Frau die Scheidung einreichen kann, wenn mich der Mann nicht befriedigt. Der Mann allerdings kann dies nicht. Befriedigung steht hier ganz klar für den Orgasmus. Und so ist es auch keine Überraschung, dass der weibliche Orgasmus im Judentum nicht tabuisiert, sondern im Gegenteil gewünscht ist.
Während große Teile der europäischen Gesellschaft durch das Christentum geprägt sind, wo die Abwertung der Frau, die Sündhaftigkeit von Sexualität und die negative Konnotation von Begehren im Zentrum dieser Prägung stehen, hat das Judentum es in seiner Isolation in der Diaspora dennoch geschafft, die Werte, die seit Jahrtausenden die jüdische Kultur definieren, am Leben zu erhalten.”
Und so schildert sie auch Begegnungen mit Männern und das, was danach passierte rund um ihre Beziehungen.
Das Buch ist eine Sammlung von dem, was die Autorin in ihrem Leben in bezug auf das Judentum gefunden hat.
Der Verlag schreibt: “Mirna Funk greift in ihrem neuen Buch „Von Juden lernen“ acht Theorien der jüdischen Ideengeschichte auf, und bringt sie in Dialog mit dem »Jetzt«. Aus der jüdischen Philosophie heraus beleuchtet sie heutige Themen wie Zukunftsangst, Streitkultur, Feminismus, Shitstorms, Partnerschaft, Sex und Persönlichkeitsentwicklung und eröffnet damit neue Perspektiven: lebensnah, philosophisch fundiert und einzigartig. Funk zitiert jüdische Denkerinnen und Denker wie Hannah Arendt oder Martin Buber, aber auch wichtige Texte der Torah. Dabei wird eines besonders deutlich: Die enorme Bedeutung dialogischen Denkens und der daraus resultierende antiideologische Charakter des Judentums selbst. Genau davon können wir in diesen Zeiten und für den aktuellen Diskurs profitieren.
„Im Mai 2023 begann ich, die Texte dieses Buches zu schreiben und als ich mich mitten im Bearbeitungsprozess befand, brach die Gegenwart über mich und alle rund 15,7 Millionen Juden dieser Welt hinein. Der 7. Oktober bewies, dass Geschichte niemals endet. Er bewies aber auch, dass die Welt, sich weniger um uns schert, als wir gehofft hatten, und wir Juden uns gegenseitig mehr bedeuteten, als es uns bewusst war. Der 7. Oktober und die Wochen, die darauf folgten, bewiesen, dass das Judentum mit seinem geballten Wissen mehr ist als Holocaust, Antisemitismus und der Arabisch-Israelische Konflikt – auch, wenn es erst einmal so wirkte, als kulminiere alles in diesem Triangle. Der 7. Oktober und die Wochen, die darauf folgten, bewiesen vor allem die Grundthese meines Buches, nämlich, dass aufgrund des antiideologischen und antimissionarischen Charakters des Judentums, gerade dort die Antworten auf die relevantesten Fragen der Jetztzeit zu finden wären.“
Mirna Funk
Von Juden lernen
ISBN: 978-3-423-28384-7