Peter Geimer, Theorie der Fotografie V 1995-2022

“Diesen Band muss man haben”, schreibt Stefan Gronert über dieses Buch.

Aber wer muß es haben? –  würde ich weiterfragen.

Nun sind meine Buchvorstellungen immer von meinem Blick und meinen Erfahrungen geprägt. Ich habe weder Fotografie studiert noch jemals Geld für ein Foto erhalten sondern meine Fotografie wurde aus der Not geboren – Praxis pur.

Denn sie ist der Versuch gewesen mit mehr als nur Worten zu dokumentieren, um Entwicklungen und Ereignisse vor Ort festzuhalten.

So kam ich zum Bild.

Ich bin also Amateur im wahrsten Sinne des Wortes, wenn es um Fotografie geht.

Kann ich dann trotzdem über dieses Buch schreiben?

Ja und zwar besonders gut und kompetent.

Denn als ich vor einigen Jahren die gesammelte Ausgrenzung der sog. professionellen Fotografen auf Seminaren und Treffen erlebte von Freelens über die DGPH bis vor Ort, da fiel mir das Buch Theorie der Fotografie I-IV in die Hände und ich begann darin zu lesen.

Als ich darin auf Dieter Hacker stieß, wurde mir klar, wie wichtig es ist, über das Fotografieren hinaus zu denken. Und da waren die Texte in dem Buch eine wahre Wonne, weil sie meinen Horizont erweiterten.

Später wurden neben der Fotopraxis vor allem die sozialen Gebrauchsweisen der Fotografie nach Bordieu mein Steckenpferd und ich beobachtete die Veränderungen in meinem Umfeld über viele Jahre. Dies alles ist u.a. hier auf der Webseite zu finden.

Und deshalb ist das Buch von Peter Geimer gerade auch für Menschen wie mich, die nicht zu den Professionellen gehören, eine besondere gedankliche Schatztruhe.

Kurt Lhotzky, ein kluger Buchhändler aus Wien, hat in seiner Rezension des Buches ebenfalls als nicht professioneller Fotograf so wunderbar verschiedene Aspekte der unterschiedlichen Artikel dargestellt, daß so schon die Dimensionen dieses Buch sichtbar werden.

Er kommt zu dem Schluß: “Der Schirmer/Mosel Verlag hat wieder ein gediegenes und buchgestalterisch vorbildliches Werk herausgebracht. Mein Tipp: ein ideales Geschenk für jede Fotografin und jeden Fotografen!”

Ich kann mich dem nur anschließen. Es ist eine kommentierte Anthologie mit 40 Essays, die Auszüge aus Aufsätzen und Büchern enthalten, die von 1995 bis 2022 geschrieben worden sind.

Wenn man über Fotografie lesen will, lohnt sich das Buch doppelt. Es zeigt wie wichtig das Thema Fotografie für die Erfassung der Welt ist und was man alles damit machen kann und wie sie wirkt in digitalen Zeiten.

Aber ich finde, daß dieses Buch auch Lücken hat. Eine will ich nennen.

Wer über die Theorie der Fotografie schreibt und dann im Vorwort betont, daß er das Buch von Nathan Jurgenson aussortiert, weil “das Interesse am Bilde hinter der Frage nach seinen sozialen Funktionen zurück(tritt m.m.)”, der hat einen der wichtigsten Texte bewußt weggelassen, der aber aus sachlichen Gründen wesentlich für das Thema ist.

Vielleichth ist Peter Geimer das aber selbst nicht so geheuer gewesen und deshalb begründet er seine Entscheidung im Vorwort so ausführlich.

Aber man steht ja immer mit einem Eimer am Ozean des Wissens und dieses Buch scheint wohl ein Gesamtwerk auch seiner Mitarbeiterinnen und anderer Personen zu sein, so daß die Lücken nicht den Rest schmälern.

Aus meiner Sicht regt das Buch mit seinen 40 Textauszügen zu vielen Gedanken an. Aber nicht nur das. Als Fan des vorherigen Buches habe ich mir immer eine Fortetzung gewünscht.

Und die ist jetzt da.

Peter Geimer
Theorie der Fotografie V
Hrsg.: Peter Geimer
Anthologie mit 45 Essays, Texte u.a. von Georges Didi-Huberman, Botho Strauß, Susan Sontag, Abigail Solomon-Godeau, Jeff Wall und Wolfgang Kemp
Deutsch
Buchgestaltung Festeinband
320 Seiten, 20 Abbildungen in Schwarz-Weiß und Farbe
Schirmer/Mosel Verlag, München
ISBN 978-3-8296-0925-8

About Michael Mahlke

Der Autor hat Jura in Köln und Sozialwissenschaften, Geschichte und Pädagogik in Wuppertal studiert. Er war u.a. Leiter einer privaten Wirtschaftsschule und Geschäftsführer einer sozialen Organisation und ehrenamtlicher Richter. Er coachte viele Jahre Menschen, Schwerpunkte waren Übergänge, Arbeit und Alter, Konfliktbewältigung und neue Medien. Er arbeitete als Dokumentarfotograf und Publizist, offline und online, analog und digital.

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