“Es geht hier … um die Optik Thomas Manns.”
Diese Worte aus dem Vorwort machen neugierig, weil sich hier quasi an dem Beispiel einer Person die Fotografiegeschichte des 20 Jhrdts. bis zu seinem Tod wiederspiegelt.
Und wenn man das Buch durchgeschaut hat, wird deutlich, es ist für jeden, der sich ernsthaft mit Thomas Mann beschäftigen will, ein Muß.
Denn hier kann man sich ein Bild machen.
Das Buch enthält oft Hinweise darauf, wer wann welche Fotos gemacht hat. Leider fehlen aus meiner Sicht Angaben zu den benutzten Kameras.
Dafür erhalten wir einen guten Einblick in die Art und Weise wie er porträtiert wurde und wie er sich selbst vielleicht auch sah.
Er war der rauchende Schriftsteller.
Das kennen wir auch von Camus und Sartre, so als ob Nobelpreisträger auch rauchen müßten.
Es gibt fast kein Foto ohne Zigarette oder Zigarre.
Bemerkenswert anders ist eine einzige Aufnahme in dem Buch auf Seite 180.
Während sonst nur Fotos in Sepia oder Schwarzweiss zu sehen sind, ist auf Seite 180 eine wunderschön gestaltete Aufnahme in Farbe zu sehen mit dem Titel “Im Blütenmeer”.
Davon hätte ich gerne mehr gesehen aber wahrscheinlich gehörte dies nicht so sehr zu seinem Selbstbild wie die anderen monochromen Fotos.
Was mir an dem Buch sehr gefällt, ist die Übereinstimmung von Titel und Inhalt.
Hier geht es wirklich darum, wie Thomas Mann sich fotografisch in Szene setzte und diese Fotos werden auch gezeigt.
Das dokumentiert einmal ihn und andererseits das Selbstverständnis der beteiligten Fotografinnen und Fotografen, wie man jemand “richtig” ins Bild setzt.
Deshalb fand ich als alternatives Gedankenspiel die Überschrift auf buchmarkt.de so interessant.
“„Thomas Mann als Instaboy“: Ein Bildband versammelt Fotografien von Thomas Mann und zeigt, wie sehr die Selbstinszenierung zu seiner Kunst gehörte. „Die unpublizierten Motive, die Görner und Latifi laut Selbstbeschreibung gehoben haben, machen die Analogien zur heutigen Ikonologie nur stärker: Es handelt sich um Bilder, die bisher offensichtlich aus Gründen aussortiert wurden, ungünstig von hinten oder unten aufgenommen, der Dichter mit halb geschlossenen Augen, beim Essen oder Anzünden einer Zigarette.“
Rüdiger Görner, Kaltërina Latifi, Thomas Mann. Ein Schriftsteller setzt sich in Szene (wbg Theiss)”
Ich würde sagen, heute ist ein anderer Zeitgeist und mit den Fotos in dem Buch könnte sich heute niemand mehr medial in Szene setzen. So ändern sich die Sichtweisen.
Die Autoren des Buches über Thomas Mann haben sich mit dieser Frage online ebenfalls beschäftigt: Wie inszeniert sich der Literat durch die Fotografie als Gesamtkunstwerk? Ein Essay von Rüdiger Görner und Kaltërina Latifi.
Ich finde man sollte diesen Essay lesen, um dem Buch mit seinen vielen Bildern auch den richtigen textlichen Rahmen zu geben.
Wer sich dafür interessiert, wird dieses Buch mit viel Gewinn betrachten.
Das Buch ist bei wbg erschienen.
ISBN 978-3-8062-4247-8